Auskunft zum Kindesunterhalt auch bei unbegrenzter Leistungsfähigkeit
Wenn ein barunterhaltspflichtiger Elternteil erklärt, er sei „unbegrenzt leistungsfähig“, muss er dem Kind gegenüber trotzdem Auskunft zur Berechnung von Kindesunterhalt erteilen.
Auch wenn das Einkommen deutlich höher liegt als der Einkommensbetrag, der in der Düsseldorfer Tabelle enthalten ist, bleibt er auskunftspflichtig. Denn wenn Mehrbedarf besteht, müssen sich beide Elternteile beteiligen. Um die jeweilige Haftungsquote ermitteln zu können, muss das Einkommen beider Eltern bekannt sein.
Sarah ist 9 Jahre alt. Sie verlangt von ihrem Vater Paul M. Auskunft über sein Einkommen, denn er soll ihr Kindesunterhalt zahlen.
Sarahs Eltern hatten 2010 geheiratet. Die Ehe wurde bereits 2014 geschieden, Sarah lebt bei ihrer Mutter. Ihre Eltern sind gemeinsam sorgeberechtigt. Sie schlossen bereits im Sommer 2013 eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung mit einer Regelung zum Ehegatten- und Kindesunterhalt, die bis zum 30. Juni 2019 befristet war. Für die Zeit danach verpflichtete sich Paul M. dazu, 160 Prozent des Mindestunterhalts der jeweils gültigen Düsseldorfer Tabelle zu zahlen, entsprechend der jeweiligen Altersstufe und abzüglich des hälftigen Kindergeldes. Hinsichtlich des Kindesunterhalts erklärte er sich für „unbegrenzt leistungsfähig“.
Der Streit vor Gericht ging darum, ob Paul M. trotzdem dazu verpflichtet ist, Auskunft über sein Einkommen zu erteilen.
Das Familiengericht hat diese Frage mit „Ja“ beantwortet. Seine Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Paul M. legte Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof ein, scheiterte jedoch auch hier.
Das Oberlandesgericht hatte seine Entscheidung damit begründet, dass die gesetzliche Verpflichtung zur Auskunft zum Kindesunterhalt nur entfällt, wenn die begehrte Auskunft für den Unterhaltsanspruch oder die Unterhaltsverpflichtung keinerlei Bedeutung hat. Dies kann der Fall sein, wenn die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen feststeht und der Unterhalt sich nach festen Bedarfssätzen der Düsseldorfer Tabelle richtet. Zwar ist der Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle oberhalb der höchsten Einkommensgruppe nicht schematisch fortzuschreiben. Die Düsseldorfer Tabelle begrenzt den Kindesunterhalt aber nicht nach oben. Vielmehr sieht sie eine Einzelfallprüfung vor, wenn die höchste Einkommensgruppe überschritten wird. Dabei ist auch wichtig, welcher Unterhaltsbedarf des Kindes angesichts der konkreten Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen noch als angemessen anzusehen sind.
Das Kind nimmt seinem Alter entsprechend auch an einer besonders günstigen wirtschaftlichen Situation seiner Eltern teil. Einen Anspruch auf bloße Teilhabe am Luxus hat es dagegen nicht. Wie diese Teilhabe abgegrenzt werden soll, hängt also von konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Barunterhaltspflichtigen ab, und kann nicht generell bestimmt werden, wie diese.
Es macht einen erheblichen Unterschied, ob der barunterhaltspflichtige Vater z.B. ein monatliches Nettoeinkommen von 6.000 Euro oder von 30.000 Euro hat. Dass sich die Eltern schon kurz nach der Geburt des Kindes getrennt haben, spielt für die Begrenzung keine Rolle. Denn das Kind leitet seine Lebensstellung auch von einem Elternteil ab, mit dem es nicht zusammen gelebt hat. Welche Aufwendungen für Freizeitaktivitäten des Kindes angemessener Bedarf oder bereits Luxus sind, kann nur festgestellt werden, wenn die genaue Höhe des Einkommens bekannt ist. Außerdem kommt Mehrbedarf in Betracht, an dem sich auch der betreuende Elternteil, also Sarahs Mutter, beteiligen muss. Um die Beteiligungsquote ermitteln zu können, muss das Einkommen beider Elternteile bekannt sein.
Es reicht also nicht, dass Paul M. sich für „unbegrenzt leistungsfähig“ erklärt hat, meint auch der Bundesgerichtshof, der die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts zurückgewiesen hat. Denn neben der Leistungsfähigkeit spielt auch der Unterhaltsbedarf eine Rolle, der eben nur mit Rücksicht auf die Höhe des Einkommens oder des Vermögens ermittelt werden kann. Dementsprechend muss der Vater nun Auskunft zum Kindesunterhalt erteilen.
Az XII ZB 499/19, Beschluss vom 16.9.2020
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