Wenn nur einer der beiden Ehegatten berufstätig ist, gilt der vollständige Ausschluss des Versorgungsgleich in der Regel als sittenwidrig. Ein Ehevertrag, der eine entsprechende Abmachung enthält, ist deswegen nichtig. Dies ist anders zu bewerten, wenn es für den Ausschluss einen Ausgleich gibt. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der vollständige Ausschluss des Versorgungsausgleichs auch bei einer Alleinverdienerehe der ehevertraglichen Wirksamkeitskontrolle standhalten kann. Voraussetzung dafür ist, dass die wirtschaftlich nachteiligen Folgen dieser Regelung für den belasteten Ehegatten ausreichend durch die ihm gewährten Kompensationsleistungen abgemildert werden. Im vorliegenden Fall wurde eine private Kapitalversicherung finanziert und eine Immobilie übertragen.
BGH: Der vollständige Ausschluss des Versorgungsausgleichs auch bei einer Alleinverdienerehe ist nicht immer sittenwidrig
Die Eheleute stritten im Scheidungsverbund um Versorgungsausgleich und um Zugewinnausgleich, dabei ging es vor allem um die Wirksamkeit eines Ehevertrages.
Der Mann leitet seit den 1988 als selbständiger Versicherungsvertreter eine Generalagentur. Die Frau war bis zur Geburt des gemeinsamen Sohnes 1989 mit einem gastronomischen Betrieb selbständig. Während der Ehe betreute sie das Kind und führte den Haushalt. Daneben arbeitet sie zeitweise in der Agentur ihres Mannes als geringfügig beschäftigte Bürokraft.
2007 schlossen die Eheleute einen notariellen Ehevertrag mit Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung. Anlass dafür war, so hieß es in der Präambel, dass die Frau „ohne rechtfertigende oder entschuldigende Veranlassung mutwillig aus der intakten Ehe ausgebrochen ist und intime Beziehungen zu einem anderen Mann aufgenommen hat.“ Das Ehevermögen, das in die Hunderttausende ging, teilten sie auf, auch zwei Eigentumswohnungen, die etwa gleich viel wert sind, bekam jeweils einer der Ehepartner. Gesetzliche Scheidungsfolgen wie Versorgungs- und Zugewinnausgleich schlossen sie aus. Der Mann stellte die Frau von Unterhaltsansprüchen des gemeinsamen Sohnes, der mittlerweile 17 Jahre alt war, frei. Auch den Trennungsunterhalt regelten sie so, dass keine Partei der anderen gegenüber Ansprüche geltend machen sollte. Der Mann verpflichtete sich darüberhinaus, auf eine von der Frau abzuschließende und mit Vollendung ihres 65. Lebensjahres fällig werdende Lebensversicherung auf Kapital- oder Rentenbasis für die Dauer der Laufzeit der Versicherung monatliche Beiträge in Höhe von 500 Euro einzuzahlen. So geschah es auch.
2011 trennten sich die Eheleute. Die Frau machte sich mit einem Büroservice selbständig. Die Scheidung erfolgte im Oktober 2012. Die Frau beantragte die Durchführung des Versorgungsausgleichs und erhob einen Auskunftsantrag zum Zugewinnausgleich. Das Amtsgericht wies beides ab. In zweiter Instanz beim Oberlandesgericht blieb es ebenfalls bei der Wirksamkeit der Eheverträge. Zwar habe der Mann erheblich höhere Rentenanwartschaften in Aussicht als seine Ex-Ehefrau, was auch nicht durch die monatlichen Zahlungen von 500 Euro ausgeglichen werden könne. Dennoch sei der Vertrag nicht sittenwidrig. Dafür fehle der subjektive Tatbestand. Die Eheleute hätten monatelang verhandelt, eine Zwangslage oder eine intellektuelle Unterlegenheit der Frau könne nicht festgestellt werden.
Dem schloss sich auch der Bundesgerichtshof in seinem 30 Seiten umfassenden Beschluss an. Ohnehin habe die Frau genügend wirtschaftliche Unabhängigkeit besessen, um auf die Gestaltung des Ehevertrages Einfluss nehmen zu können.
Eine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages lässt sich nach Ansicht des Gerichts auch nicht damit begründen, dass der Mann mit dem Vertrag das verwerfliche Ziel verfolgt habe, seine Ehefrau für den ihr vorgeworfenen Ehebruch mit dem Ausschluss des Versorgungsausgleichs „bestrafen“ zu wollen. Denn auch hier zählt, dass unfaire Verhandlungsbedingungen nicht festgestellt werden konnten.
Lediglich mit der Frage des Trennungsunterhalts, auf den die Eheleute in ihrem Vertrag ebenfalls verzichtet hatten, muss sich das Oberlandesgericht erneut befassen. Denn das gesetzliche Verbot, auf Trennungsunterhalt zu verzichten, kann durch ein pactum de non petendo, das heißt, die Verpflichtung oder das Versprechen des unterhaltsberechtigten Ehegatten, Trennungsunterhalt nicht geltend zu machen, nicht umgangen werden. Ob im vorliegenden Fall so ein Versprechen vorliegt, hatte das Oberlandesgericht nicht ausreichend geprüft.
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