Worum ging es?
Die Entscheidung des OLG Koblenz (Beschluss vom 28.02.2024 – 13 UF 396/21)befasst sich mit der Bemessung des Kindesunterhalts, insbesondere mit der Erwerbsobliegenheit der unterhaltspflichtigen Mutter. Die Antragstellerin, ein minderjähriges Kind, lebt beim Vater und verlangt von der Mutter den Mindestkindesunterhalt. Die Mutter argumentierte, dass ihre finanzielle Situation und ihre Betreuungspflichten gegenüber einem weiteren Kind einer vollen Erwerbstätigkeit entgegenstünden.
Was hat das Gericht entschieden?
Das OLG Koblenz bestätigte die Verpflichtung der Mutter zur Zahlung des Mindestkindesunterhalts und rechnete ihr ein fiktives Einkommen zu. Dabei stellte es klar:
- Erwerbsobliegenheit:
- Die Mutter hätte sich intensiver um eine einträgliche Erwerbstätigkeit bemühen müssen.
- Ein 11,5-jähriges Kind kann nach der Schule grundsätzlich allein zu Hause bleiben, sodass eine Vollzeitbeschäftigung zumutbar ist.
- Eine bloße Teilzeittätigkeit reicht nicht aus, wenn der Mindestunterhalt nicht gedeckt werden kann.
- Fiktives Einkommen:
- Neben ihrer Teilzeittätigkeit hätte die Mutter eine Nebentätigkeit aufnehmen können, um ihr Einkommen zu erhöhen.
- Selbst unter Berücksichtigung der Betreuung ihres zweiten Kindes sei eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht unzumutbar.
- Die Schwangerschaft und die Geburt eines weiteren Kindes änderten nichts an der Unterhaltspflicht, da die Mutter Anspruch auf Betreuungsunterhalt (§ 1615l BGB) gegen den Vater des neuen Kindes hat.
- Ersatzhaftung des betreuenden Elternteils:
- Eine Ersatzhaftung des Vaters der Antragstellerin scheidet aus, da sein Einkommen nicht das Dreifache des Einkommens der Mutter beträgt.
- Kein Wegfall des Unterhaltsanspruchs:
- Der Unterhaltsanspruch wurde regelmäßig geltend gemacht und ist nicht verwirkt.
- Eine unterlassene Geltendmachung über einen gewissen Zeitraum führt nicht automatisch zu einem Wegfall des Anspruchs.
Was bedeutet das für Sie?
Diese Entscheidung verdeutlicht die strengen Anforderungen an die Erwerbsobliegenheit unterhaltspflichtiger Eltern. Eine bloße Teilzeittätigkeit reicht nicht aus, wenn eine Vollzeittätigkeit zumutbar wäre. Zudem werden Betreuungspflichten gegenüber anderen Kindern nur eingeschränkt berücksichtigt. Der betreuende Elternteil kann sich nicht darauf verlassen, dass ein fehlender Unterhaltsanspruch durch Verwirkung entfällt.
Was können wir für Sie tun?
Falls Sie Fragen zur Unterhaltspflicht oder zur Berechnung des Kindesunterhalts haben, beraten wir Sie gerne individuell. Kontaktieren Sie uns unter 02151/566040. Unsere Kanzlei wurde mehrfach vom Magazin stern als eine der besten Familienrechtskanzleien in Deutschland ausgezeichnet.