Begrenzung und Befristung von nachehelichem Unterhalt
von Rechtsanwalt Jochem Schausten, Fachanwalt für Familienrecht
Nachehelicher Ehegattenunterhalt kann zeitlich befristet oder nach Ablauf einer gewissen Zeit der Höhe nach begrenzt werden. Diese Möglichkeit besteht übrigens beim Trennungsunterhalt nicht. Hier finden Sie alles Wissenswerte zu diesem Thema.
Inhaltsverzeichnis
Gesetzliche Regelung und Voraussetzungen
Diese gesetzlichen Vorschriften zur Begrenzung und Befristung von Ehegattenunterhalt haben jahrzehntelang ein eher stiefmütterliches Dasein gefristet. Seit der Unterhaltsreform 2008 sind sie aber ständige Praxis. Selbst bei langjährigen Ehen (mehr als 15 Jahre Ehedauer) ist eine zeitliche Befristung eines Aufstockungsunterhaltsanspruchs nicht mehr auszuschließen.
Bei der Frage, ob ein nachehelicher Unterhaltsanspruch zu befristen oder zu begrenzen ist, kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Wichtige Kriterien für die Abwägung sind vor allem die Dauer der Ehe sowie die Gestaltung von Haushaltsführung und Kinderbetreuung. Dabei kann man folgendes festhalten: Je mehr und je länger der unterhaltsberechtigte Ehegatte seine eigene berufliche Entwicklung zu Gunsten des anderen Ehegatten und / oder der gemeinsamen Kinder zurück gestellt hat, umso weniger kommt eine Befristung oder Begrenzung des nachehelichen Unterhalts in Betracht.
Andersrum wird aber auch ein Schuh draus: Je weniger berufliche Nachteile der unterhaltsberechtigte Ehegatte auf Grund der Ehe erfahren hat, desto eher kommt eine Begrenzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts in Betracht. Hat die Ehefrau beispielsweise trotz der Betreuung eines gemeinsamen Kindes nur wenige Jahre mit ihrer Berufstätigkeit ausgesetzt und ist anschließend wieder in ihren alten Beruf eingestiegen, sind ehebedingte Nachteile nicht ersichtlich. Trennen sich die Eheleute nach 10 oder 15 Ehejahren, stellt sich die Frage, ob ein nachehelicher Unterhaltsanspruch der Ehefrau nicht zeitlich zu befristen oder der Höhe nach zu begrenzen wäre.
Mit der zum 01.08.2008 in Kraft getretenen Reform des Unterhaltsrechts hat der Gesetzgeber mehr Möglichkeiten der Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts geschaffen. Die Gerichte sollen angehalten werden, wieder mehr die Eigenverantwortung der Ehegatten nach einer gescheiterten Ehe für ihren jeweiligen Lebensunterhalt zu berücksichtigen. Die Einzelheiten regelt § 1578b BGB.
Wesentliches Kriterium: ehebedingte Nachteile
Danach ist ein ganz entscheidender Umstand für die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts, ob ehebedingte Nachteile vorliegen. Aber was ist ein ehebedingter Nachteil?
Beispiel: Nehmen wir an, die Ehefrau war bei Eheschließung als Bankkauffrau berufstätig. Wegen der Kinder und der Haushaltsführung hat sie ihren Job aufgegeben. Nach 20 Jahren Ehe kommt es zur Trennung. Die Ehefrau ist jetzt 46 Jahre alt. Nach aller Wahrscheinlichkeit wird sie in ihrem alten Beruf keine neue Stelle finden. Schließlich findet sie einen Job als Sekretärin. Nur wird sie hier wesentlich schlechter bezahlt als eine Bankkauffrau in ihrem Alter. Diese Differenz zwischen ihren tatsächlichen Einkünften und den fiktiven Einkünften als Bankkauffrau stellt den ehebedingten Nachteil dar.
Liegt ein solcher ehebedingter Nachteil vor und ist der Unterhaltsanspruch niedriger als der Nachteil, dann kommt eine Befristung des Unterhalts vor dem Renteneintritt nur in Ausnahmefällen in Betracht.
Ist der ehebedingte Nachteil geringer als der Unterhaltsanspruch, kann eine Herabsetzung des Unterhalts nach einem gewissen Übergangszeitraum auf den ehebedingten Nachteil erfolgen.
Es kann aber auch kein ehebedingter Nachteil vorliegen. Die Rechtsprechung geh davon grundsätzlich dann aus, wenn die Unterhaltsberechtigte wieder in ihrem erlernten Beruf Vollzeit tätig ist. In solchen Fällen kommt nach einem gewissen Übergangszeitraum eine zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts in Betracht.
Wie lang ist dieser nun mehrfach erwähnte „Übergangszeitraum“?
Der Bundesgerichtshof sagt: Der Übergangszeitraum ist so zu bemessen, dass der Unterhaltsberechtigte sich auf den Wegfall des Unterhalts einstellen kann. In der Praxis gehen viele Gerichte davon aus, dass der Übergangszeitraum etwa einem Viertel bis einem Drittel der Ehedauer entspricht. Bei einer 24-jährigen Ehe käme also eine Begrenzung oder Befristung des Unterhalts nach ca. 6-8 Jahren in Betracht. Als Beginn des Übergangszeitraums sehen viele Gerichte übrigens den Ablauf des Trennungsjahres an.
Wichtig: Begrenzung und Befristung muss im ersten Verfahren geklärt werden
Ganz wichtig ist folgendes, was leider oft übersehen wird: Über die Frage, ob eine nachehelicher Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen oder zu befristen, ist bereits in dem ersten Verfahren über den nachehelichen Ehegattenunterhalt zu entscheiden. Unterbleibt eine solche Entscheidung – z. B. weil der Anwalt hierzu nichts vorgetragen hat -, kann dies zur Folge haben, dass der nacheheliche Unterhaltsanspruch auch bei späterer Abänderung nicht mehr zeitlich befristet oder begrenzt werden kann, obwohl die Voraussetzungen eigentlich vorliegen würden.
Unser Tipp: Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihre Unterhaltsverpflichtung zeitlich zu befristen oder der Höhe nach zu begrenzen ist, sprechen Sie Ihren Anwalt oder Ihre Anwältin konkret darauf an!
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