Der Unterhaltsanspruch nichtehelicher Mütter und Väter
Durch die zum 1.1.2008 in Kraft getretene Unterhaltsreform sind auch die Unterhaltsansprüche nichtehelicher Mütter und Väter, die im § 1615l BGB geregelt sind, geändert worden. Diese Änderung führt zu einer deutlichen Ausweitung der Unterhaltsansprüche nichtehelicher Mütter und Väter.
Nach dem bis zum 31.12.2007 gültigen Recht war es so, dass die Kindesmutter, die nicht mit dem Kindesvater verheiratet war, für bis zu drei Jahre nach der Geburt des Kindes einen Unterhaltsanspruch hatte. Nur wenn es insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig gewesen wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen, konnte es zu einer Verlängerung des Unterhaltsanspruchs kommen.
Auch nach dem ab dem 1.1.2008 geltenden Unterhaltsrecht hat die Kindesmutter für mindestens drei Jahren nach der Geburt einen Unterhaltsanspruch gegen den Kindesvater. Dieser Unterhaltsanspruch verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Bei dieser Billigkeitsprüfung sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kindesbetreuung zu berücksichtigen.
Vergleich altes und neues Recht
Vergleicht man diese Voraussetzungen für den Unterhalt der nicht mit dem Kindesvater verheirateten Kindesmutter mit dem Unterhaltsanspruch eines verheirateten Elternteils wegen der Betreuung eines Kindes, so stellt man schnell fest, dass diese Unterhaltsansprüche seit der Unterhaltsreform identisch sind. Auf Seiten des verheirateten Elternteils wurde die Erwerbsobliegenheit – also die Pflicht, trotz Betreuung eines Kindes arbeiten zu gehen – deutlich ausgeweitet. Bisher galt für verheirateten Elternteile, die ein aus der Ehe hervorgegangenes Kind betreuten, ein so genanntes Altersphasenmodell: Danach wurde von solchen Eltern eine Erwerbstätigkeit vor der Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes regelmäßig nicht erwartet, danach begann eine Teilzeiterwerbsobliegenheit (regelmäßig in Form einer Geringverdienertätigkeit), die sich mit Vollendung des 15. Lebensjahres des jüngsten Kindes zu einer Vollerwerbsobliegenheit ausweitete. Nunmehr richtet sich die Erwerbsobliegenheit auch bei verheirateten Elternteilen, die ein aus der Ehe hervorgegangenes Kind betreuen, ab Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes nach den Belangen des Kindes und den bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung.
Auf Seiten der nicht mit dem Kindesvater verheirateten Kindesmutter, die das aus der Beziehung hervorgegangene Kind betreut, sind die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus deutlich abgesenkt worden. Genau wie bei verheirateten Elternteilen kommt es nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes für eine fortbestehende Unterhaltsverpflichtung auf die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung an.
Beispielsfälle
Beispielsfall: Frau Meier hat aus der Beziehung mit Herrn Müller, mit dem sie nicht verheiratet war, ein zweijähriges Kind. Auf Grund der Betreuung des Kindes ist sie an einer Berufstätigkeit vollumfänglich gehindert. Vor der Geburt hat Frau Meier als kaufmännische Angestellte in einer kleineren Firma gearbeitet und dort ein Nettoeinkommen in Höhe von 1500,00 € erzielt. Herr Müller hat keine weiteren Unterhaltsverpflichtungen und erzielt ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen in Höhe von 3500,00 €.
Hier hat Frau Meier gegen Herrn Müller einen Unterhaltsanspruch gem. § 1615l Abs. 2 BGB. Der Höhe nach richtet sich der Unterhaltsanspruch von Frau Meier nach deren letztem Einkommen, welches sie vor der Geburt des Kindes erzielt hat. Herr Müller muss also an Frau Meier monatlich 1500,00 € bezahlen.
Außerdem schuldet Herr Müller dem aus der Beziehung hervorgegangene Kind Kindesunterhalt in Höhe von 420,00 €. Dies entspricht einem Unterhalt nach der 7. Gehaltsgruppe der Düsseldorfer Tabelle. Herr Müller ist zwar mit seinem Einkommen eigentlich in die 6. Gehaltsgruppe der Düsseldorfer Tabelle einzustufen. Die Düsseldorfer Tabelle geht aber davon aus, dass ein Unterhaltspflichtiger drei Personen gegenüber unterhaltspflichtig ist. Ist er weniger Personen gegenüber unterhaltspflichtig, wird er bei der Ermittlung des Kindesunterhalts mindestens eine Stufe höher eingestuft. Von dem sich aus der Tabelle ergebenden Betrag für den Kindesunterhalt in Höhe von 497,00 € wird das hälftige Kindergeld in Abzug gebracht, also ein Betrag in Höhe von 77,00 €, so dass er für das Kind 420,00 € bezahlen muss.
Die gesamte Unterhaltsverpflichtung von Herrn Müller beläuft sich also auf 1920,00 €.
Beispielsfall: Das aus der Beziehung zwischen Frau Meier und Herrn Müller hervorgegangene Kind besucht nach der Vollendung seines 3. Lebensjahres nunmehr einen Halbtagskindergarten, in dem es von morgens 8:00 Uhr bis mittags um 14:00 Uhr betreut wird. Obwohl Frau Meier intensiv gesucht hat, hat sie keinen anderen Kindergarten gefunden, in dem das Kind länger hätte betreut werden können. Da das Kind also nur halbtags betreut werden kann, kann Frau Meier auch nur halbtags arbeiten gehen. Eine darüber hinausgehende Erwerbsobliegenheit besteht auf Grund der Neufassung des § 1615l BGB nicht. Frau Meier erzielt aus dieser Halbtagstätigkeit Einkünfte in Höhe von 750,00 €.
Nach dem bis zum 31.12.2007 gültigen Unterhaltsrecht wäre der Unterhaltsanspruch von Frau Meier gegen Herrn Müller mit Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes erloschen. Nach dem nunmehr geltenden Unterhaltsrecht entsteht eine Erwerbsobliegenheit nur insoweit, wie die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung eine Berufstätigkeit auch zulassen. Dementsprechend hat Frau Meier weiterhin einen Unterhaltsanspruch gegen Herrn Müller. Da Frau Meier nunmehr aber eigene Einkünfte hat, werden diese auf ihren Unterhaltsbedarf in Höhe von 1500,00 € angerechnet. Nach Abzug der eigenen Einkünfte in Höhe von 750,00 € verbleibt ihr aber immer noch ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 750,00 € gegen Herrn Müller.
Beispielsfall: Herr Schneider und Frau Fischer haben seit 12 Jahren in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Aus dieser Beziehung sind die Kinder Lara, die jetzt 11 Jahre alt ist, und Max, der jetzt 7 Jahre alt ist, hervorgegangen. Nach der Geburt der Kinder hat Frau Fischer im Einverständnis mit Herrn Schneider aufgehört zu arbeiten, um sich der Pflege und Erziehung der Kinder zu widmen. Beide Kinder sind in verschiedenen Sportvereinen und besuchen die städtische Musikschule. Schon während des Zusammenlebens verbrachte Frau Fischer an den Nachmittagen die meiste Zeit damit, die Kinder zu ihren verschiedenen Freizeitaktivitäten zu bringen und wieder abzuholen. Nach der Trennung von Herrn Schneider und Frau Fischer leben die Kinder weiter bei Frau Fischer.
Nach dem bis zum 31.12.2007 gültigen Unterhaltsrecht hätte Frau Fischer gegen Herrn Schneider nach deren Trennung keinen Unterhaltsanspruch mehr gehabt. Nach der zum 1.1.2008 in Kraft getretenen Unterhaltsreform ist dies nicht mehr so eindeutig. In einem Fall wie dem vorliegenden wäre zu prüfen, inwieweit Frau Fischer durch die Betreuung der Kinder an einer Vollzeittätigkeit gehindert ist und inwieweit die Belange der Kinder einer Vollzeittätigkeit von Frau Fischer entgegenstehen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass nicht nur sogenannte kindbezogene Gründe, sondern auch sogenannte elternbezogenen Gründe zu einer Verlängerung des Unterhaltsanspruchs von Frau Fischer gegen Herrn Schneider führen können. So ist es beispielsweise denkbar, dass die Kindesmutter gegen den Kindesvater einen Unterhaltsanspruch hat, obwohl die Kinder keiner direkten Betreuung mehr bedürfen. Bei der Prüfung eines solchen Unterhaltsanspruchs aus elternbezogenen Gründen ist beispielsweise zu beachten, ob die Eltern in einer dauerhaften Lebensgemeinschaft mit einem gemeinsamen Kinderwunsch gelebt und sich hierauf eingestellt haben. Außerdem kann es von Bedeutung sein, wenn ein Elternteil zum Zweck der Kindesbetreuung einvernehmlich eine Erwerbstätigkeit aufgegeben hat, oder wenn ein Elternteil mehrere gemeinsame Kinder betreut. Auch die Dauer der Lebensgemeinschaft kann ein Gradmesser für gegenseitige Vertrauen und Füreinander-Einstehen-Wollen sein.
Geltung auch für „Altfälle“
Da das neue Unterhaltsrecht ab dem 1.1.2008 für sämtliche Unterhaltsverhältnisse gilt, kann dies auch dazu führen, dass ein bereits beendeter Unterhaltsanspruch wiederauflebt.
Beispielsfall: Frau Richter hat aus der Beziehung mit Herrn Weber ein am 20.01.2003 geborenes Kind, welches derzeit einen Halbtagskindergarten besucht. Frau Richter, die vor der Geburt des Kindes als Verkäuferin gearbeitet hatte und dort ein Nettoeinkommen in Höhe von 1300,00 € erzielte, kann auf Grund der Betreuung des Kindes derzeit nur eine Teilzeitbeschäftigung ausüben, bei der sie 700,00 € verdient. Herr Weber, der ansonsten keine Unterhaltspflichten hat, hat ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen von 2500,00 €. In den ersten drei Jahren nach der Geburt hatte Frau Richter von Herrn Weber Unterhalt bekommen, diese Unterhaltsverpflichtung war aber damals auf den dritten Geburtstag des Kindes begrenzt worden.
Wenn man einmal unterstellt, dass keine weiteren Betreuungsmöglichkeiten für das Kind von Frau Richter und Herrn Weber vorhanden sind, kann davon ausgegangen werden, dass Frau Richter nunmehr wieder einen Unterhaltsanspruch gegen Herrn Weber hat. Dieser beläuft sich der Höhe nach auf die Differenz zwischen dem Einkommen, welches Frau Richter vor der Geburt des Kindes erzielt hat, und dem Einkommen, welches sie heute erzielt, also auf einen Betrag in Höhe von 600,00 €. Daneben muss Herr Weber natürlich auch noch den Kindesunterhalt bezahlen.
Änderung in der Rangfolge
Bisher waren die Unterhaltsansprüche nicht-ehelicher Mütter und Väter in der Rangfolge hinter den Unterhaltsansprüchen von Ehegatten. Dies wurde durch die Unterhaltsreform 2008 geändert. Seit dem 1.1.2008 sind alle Elternteil, die ein Kind betreuen, in der 2. Rangstufe. Diese teilen sich kinderbetreuende Elternteile mit Ehegatten, die nach einer Ehe von langer Dauer einen Unterhaltsanspruch haben. Alle anderen Ehegatten sind mit ihrem Unterhaltsansprüchen aber erst in die 3. Rangstufe eingestuft.
Aus dieser Veränderung in der Rangfolge können seit dem 1.1.2008 auch Unterhaltsansprüche resultieren, die vorher mangels Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners abgewiesen wurden.
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