Vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft und vorzeitige Durchführung des Zugewinnausgleichs – Wann ist das möglich?
In der Regel wird der Zugewinnausgleich erst mit der rechtskräftigen Scheidung durchgeführt. Doch was passiert, wenn ein Ehepartner während der Trennung beginnt, Vermögen zu verschleudern, seinen wirtschaftlichen Verpflichtungen nicht nachkommt oder die Scheidung unnötig hinauszögert? In bestimmten Fällen kann die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft und damit auch die vorzeitige Durchführung des Zugewinnausgleichs beantragt werden.
Wir erläutern hier die rechtlichen Voraussetzungen, die unterschiedlichen Fallkonstellationen und die Folgen einer solchen vorzeitigen Regelung.
1. Was bedeutet die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft?
Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Güterstand, der automatisch gilt, wenn Ehepartner keinen Ehevertrag schließen. Solange die Zugewinngemeinschaft besteht, werden Vermögenszuwächse der Ehepartner grundsätzlich erst mit der Scheidung ausgeglichen. In bestimmten Fällen kann jedoch eine vorzeitige Beendigung der Zugewinngemeinschaft herbeigeführt werden, um das Vermögen eines Ehepartners vor Nachteilen zu schützen.
Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich in den §§ 1385 und 1386 BGB. Wird die Zugewinngemeinschaft vorzeitig aufgehoben, so wird der Stichtag für die Berechnung des Zugewinnausgleichs vorverlegt – entweder durch eine gerichtliche Entscheidung oder durch eine notarielle Vereinbarung.
2. Voraussetzungen für die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft
Ein Ehepartner kann die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft unter bestimmten Bedingungen beim Familiengericht beantragen. Die wichtigsten Fallgruppen sind:
a) Verschleuderung des Vermögens (§ 1385 Nr. 1 BGB)
Ein Ehepartner kann die vorzeitige Aufhebung verlangen, wenn der andere beginnt, sein Vermögen in erheblichem Maße zu mindern. Dies dient dem Schutz des Zugewinnausgleichs, damit der wirtschaftlich verantwortungsbewusste Partner nicht benachteiligt wird.
Beispiele:
- Ein Ehepartner beginnt nach der Trennung, seine Aktien zu veräußern und Festgeldkonten aufzulösen, obwohl es keinen wirtschaftlichen Grund dafür gibt. Das Geld wird auf ein Girokonto transferiert, was die Befürchtung weckt, dass es später verschleiert oder beiseitegeschafft wird.
- Eine Ehefrau inseriert unmittelbar nach der Trennung ihre vermietete Eigentumswohnung zum Verkauf, obwohl dies wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Ihr Ehemann befürchtet, dass der Verkauf dazu dient, den Erlös zu verschleiern und ihn vom Zugewinnausgleich auszuschließen.
- Ein Ehepartner bucht unmittelbar nach der Trennung eine teure Luxuskreuzfahrt für sich und eine neue Partnerin, obwohl während der Ehe stets in einfachen Vermögensverhältnissen gelebt wurde. Die ausgleichsberechtigte Ehefrau fürchtet, dass auf diese Weise gemeinsames Vermögen bewusst aufgezehrt wird.
In diesen Fällen kann das Gericht auf Antrag die Zugewinngemeinschaft mit Rechtskraft des Beschlusses vorzeitig aufheben..
b) Nichterfüllung wirtschaftlicher Verpflichtungen (§ 1385 Nr. 2 BGB)
Ein weiterer Grund für die vorzeitige Aufhebung liegt vor, wenn ein Ehepartner seine finanziellen Verpflichtungen schwerwiegend verletzt und dadurch die Vermögenslage des anderen gefährdet.
Beispiele:
- Ein Ehepartner häuft hohe Schulden an und gefährdet damit indirekt den Zugewinnausgleichsanspruch des anderen.
- Der andere Ehepartner verweigert pflichtwidrig Unterhaltszahlungen oder kommt seinen gesetzlichen Verpflichtungen nicht nach.
In diesen Fällen kann das Familiengericht nach einer Prüfung der wirtschaftlichen Lage die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft anordnen.
c) Dreijähriges Getrenntleben (§ 1386 BGB)
Anders als in den vorherigen Fällen reicht hier die bloße wirtschaftliche Gefährdung nicht aus. Wer jedoch drei Jahre getrennt lebt, kann unabhängig vom Verhalten des anderen Ehegatten die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft und den vorzeitigen Zugewinnausgleich verlangen. Dies kann auch verhindern, dass ein Ehepartner durch Verzögerungstaktik das gerichtliche Scheidungsverfahren unendlich hinauszögert.
Wichtige Aspekte:
- Es muss nachgewiesen werden, dass die Ehepartner tatsächlich seit mindestens drei Jahren getrennt leben.
- Die Zugewinngemeinschaft endet dann entweder mit einem rechtskräftigen gerichtlichen Beschluss oder durch eine notarielle Vereinbarung.
- Maßgeblicher Stichtag für das Endvermögen ist der Tag, an dem die Zugewinngemeinschaft rechtskräftig aufgehoben wird – also entweder mit Rechtskraft des Beschlusses oder mit dem Tag der notariellen Beurkundung (sofern nichts anderes vereinbart wurde).
3. Folgen der vorzeitigen Aufhebung der Zugewinngemeinschaft / des vorzeitigen Zugewinnausgleichs
Wird die Zugewinngemeinschaft vorzeitig aufgehoben, ergeben sich folgende Konsequenzen:
- Vermögensstichtag: Für die Berechnung des Zugewinnausgleichs gilt der Tag der Rechtskraft des Beschlusses oder der Beurkundung als maßgeblicher Stichtag.
- Trennung der Vermögenssphären: Ab diesem Zeitpunkt existiert keine Zugewinngemeinschaft mehr – das Vermögen der Ehegatten wird wie bei einer Gütertrennung behandelt.
- Frühzeitige Abrechnung des Zugewinnausgleichs: Bereits vor der Scheidung kann der wirtschaftlich schwächere Ehepartner seinen Zugewinnausgleichsanspruch geltend machen.
- Schutz vor Schulden: Neue Schulden des anderen Ehepartners bleiben nach Aufhebung der Zugewinngemeinschaft ohne Einfluss auf den Zugewinnausgleich.
4. Fazit – Wann lohnt sich die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft?
Die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft ist ein wichtiges rechtliches Mittel, wenn:
- ein Ehepartner Vermögen verschleudert, um den Zugewinnausgleich zu minimieren,
- wirtschaftliche Verpflichtungen verletzt werden und eine Schutzmaßnahme erforderlich ist,
- oder wenn die Ehepartner bereits seit drei Jahren getrennt leben, um eine wirtschaftliche Trennung endgültig zu vollziehen.
Da die vorzeitige Aufhebung und die Berechnung des Zugewinnausgleichs mit komplexen rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen verbunden sind, ist eine professionelle Beratung unerlässlich.
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