Arbeitszeugnis
von Rechtsanwältin Parwin Schausten – Fachanwältin für Arbeitsrecht
Inhalt:
Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis ?
Welche Zeugnisarten gibt es ?
Wie hat ein Arbeitszeugnis formal und inhaltlich auszusehen ?
Was ist zu tun, wenn der Arbeitgeber dem Zeugnisverlangen nicht nachkommt ?
Was ist zu tun, wenn der Arbeitnehmer mit dem Zeugnisinhalt nicht einverstanden ist ?
Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis ?
Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses, also auch geringfügig Beschäftigte und arbeitnehmerähnliche Personen wie z.B. Heimarbeiter. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung wurde der Anspruch auch dem GmbH-Geschäftsführer, welcher nicht gleichzeitig Gesellschafter der GmbH ist, zuerkannt.
Gesetzliche Grundlage des Anspruchs bildet im allgemeinen § 630 BGB, während sich darüber hinaus für kaufmännische Angestellte Vorschriften in § 73 HGB, für gewerbliche Arbeitnehmer in § 113 Abs.1,2 GewO und für Auszubildende in § 8 BBiG finden, wobei sich die Vorschriften inhaltlich im wesentlichen decken. Oftmals wird der Anspruch nochmals ausdrücklich im Rahmen der arbeitsvertraglichen Regelungen aufgenommen. Einigkeit besteht auch darüber, dass der Anspruch auf Zeugniserteilung aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers resultiert.
Fraglich ist, ob auch Aushilfskräften ein Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses zusteht. Dies wird zumindest im Hinblick auf die Erteilung eines einfachen Zeugnisses zu bejahen sein, da es dem Betroffenen nur so möglich ist, seine Tätigkeiten lückenlos nachzuweisen.
Der Arbeitnehmer muss das Arbeitszeugnis von dem Arbeitsgeber ausdrücklich verlangen – von sich aus muss der Arbeitgeber kein Arbeitszeugnis ausstellen.
Welche Zeugnisarten gibt es ?
Hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen wird zwischen dem einfachen und qualifizierten Arbeitszeugnis unterschieden. Das einfache Arbeitszeugnis erstreckt sich auf die Art und Dauer der Tätigkeit, während das qualifizierte Arbeitszeugnis darüber hinaus zusätzlich über die Leistung und Führung des Arbeitnehmers Auskunft erteilt.
Hinsichtlich des Zeitpunktes der Erteilung wird zwischen dem Endzeugnis und dem Zwischenzeugnis unterschieden. Beide Formen können sowohl als einfaches Zeugnis, wie auch als qualifiziertes Zeugnis ausgestellt werden. Den Regelfall bildet das Endzeugnis, welches nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erteilt wird, während der Arbeitnehmer in Ausnahmefällen auch Anspruch auf die Erteilung eines Zwischenzeugnisses während des laufenden Beschäftigungsverhältnisses haben kann.
Wie hat ein Arbeitszeugnis formal und inhaltlich auszusehen ?
Das Zeugnis ist schriftlich zu erteilen, wobei die maschinenschriftliche Ausfertigung heute als Standard vorausgesetzt werden kann. Sofern in der Branche des Arbeitgebers für schriftliche Äußerungen üblicherweise Firmenbögen verwendet wird, und auch der Arbeitgeber solches Geschäftspapier verwendet, ist ein Zeugnis nur dann ordnungsgemäß, wenn es auf Firmenpapier geschrieben ist (BAG, Urteil vom 03.03.1993, 5 AZR 182/92).
Das Arbeitszeugnis muss sich in einem sauberen und ungefalteten Zustand befinden, es kann anderenfalls zurückgewiesen werden.
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nur zur Erteilung eines einfaches Zeugnisses verpflichtet, während auf Verlangen des Arbeitnehmers ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ausgestellt werden muss. Letzteres gilt jedoch nur für den Fall, wenn die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses die Beurteilung der Leistung und Führung erlaubt.
Wesentliche Eckpunkte hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung des Zeugnisses sind zum einen der Grundsatz der Wahrheitspflicht, und zum anderen der Grundsatz der wohlwollenden Beurteilung.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss das Arbeitszeugnis alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung und für den Dritten von Interesse sind. Einmalige Vorfälle oder Umstände, die für den Arbeitnehmer, seine Führung und Leistung nicht charakteristisch sind –ob vorteilhaft oder nachteilig – gehören nicht in das Zeugnis. Weder Wortwahl, Satzstellung noch Auslassungen dürfen dazu führen, dass bei Dritten der Wahrheit nicht entsprechende Vorstellungen entstehen (BAG, Urteil vom 23.06.1960 – 5 AZR 560/58). Ferner ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei der Zeugniserteilung den wohlwollenden Maßstab eines verständigen Arbeitgebers zugrunde zu legen, um den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen nicht unnötig zu behindern. (BAG, Urteil vom 25.10.1967, 3 AZR 456/66). Schließlich dient das Zeugnis dem Arbeitnehmer als eine Grundlage für weitere Bewerbungen und der Eröffnung von Arbeitsplatzchancen.
Da die Pflichten zur Zeugniswahrheit und zur wohlwollenden Beurteilung miteinander kollidieren können, hat sich eine Art „Zeugnissprache“ entwickelt, die jedoch selbst nicht einheitlich ist, und von dem juristischen Laien oftmals nicht zutreffend übersetzt werden kann. Was möglicherweise wie eine positive Formulierung erscheint, kann bei kundiger Betrachtung eine negative Wertung beinhalten.
Das Arbeitszeugnis trägt grundsätzlich das Datum des Ausstellungstages, nicht des Zeitpunktes der tatsächlichen oder rechtlichen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Bei berichtigten Zeugnissen erscheint der Ausstellungstag des ursprünglichen Zeugnisses. Das Zeugnis muss leserlich, in der Regel mit maschinenschriftlichen Namenszusatz, durch den Arbeitgeber bzw. eines zu seiner Vertretung Berechtigten unterzeichnet sein.
Was ist zu tun, wenn der Arbeitgeber dem Zeugnisverlangen nicht nachkommt ?
Der Anspruch auf Erteilung des Zeugnisses kann vor den Arbeitsgerichten durchgesetzt werden.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitgeber seiner Pflicht auf Erteilung des Zeugnisses nachgekommen ist, wenn er das Arbeitszeugnis ausgestellt und zur Abholung bereitgelegt hat. Er ist nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer das Zeugnis zuzuschicken.
Ferner wir vor der gerichtlichen Geltendmachung im konkreten Einzelfall zu prüfen sein, ob der Anspruch möglicherweise durch Unmöglichkeit, Verwirkung oder durch den Ablauf sogenannter Ausschlussfristen (in der Praxis am häufigsten) nicht mehr durchsetzbar sind. Die Verjährung spielt im Hinblick auf die hier geltende 30-jährige Frist in der Praxis nahezu keine Rolle.
Was ist zu tun, wenn der Arbeitnehmer mit dem Inhalt des Zeugnisses nicht einverstanden ist ?
Der Arbeitnehmer kann in diesem Fall gegenüber seinem Arbeitgeber einen Zeugnisberichtigungsanspruch inne haben, welcher er vor den Arbeitsgerichten gerichtlich durchsetzen kann.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis mit einem bestimmten von ihm gewünschten Wortlaut hat. Dem Arbeitgeber steht hinsichtlich der Formulierung ein Beurteilungsspielraum zu, welchen er nach pflichtgemäßen Ermessen auszufüllen hat.
Die Erfolgsaussichten der Klage hängen in besonderem Maße davon ab, inwieweit die Parteien der ihnen obliegenden Darlegungs- und Beweislast genügen können. Ganz allgemein kann ausgeführt werden, dass im Leistungsbereich bei einer unterdurchschnittlichen Beurteilung der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig dahingehend ist, dass die von ihm vorgenommene Beurteilung des Arbeitnehmers den Tatsachen entspricht. Beansprucht der Arbeitnehmer die Verbesserung eines durchschnittlichen Arbeitszeugnisses, so hat er die diesem Anspruch zu Grunde liegenden Tatsachen schlüssig darzulegen, welche sodann von dem Arbeitgeber durch entsprechende Darlegung und Beweisführung erschüttert werden können. Der Anspruch auf Erteilung einer „Bestleistung“ führt zu der vollen Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers.
Das Arbeitszeugnis muss deshalb vor Einreichung der Klage sorgfältig geprüft werden, um die Gefahr einer Klageabweisung auszuräumen.