Ehescheidung – Voraussetzungen | Verfahren | Kosten
Eine Ehescheidung (oder umgangssprachlich: Scheidung) ist im deutschen Recht die Auflösung einer Ehe durch ein Gericht. Zuständig dafür sind die Familiengerichte, die bei den Amtsgerichten angesiedelt sind. Ein Scheidungsantrag kann in Deutschland nur von einer Rechtsanwältin / einem Rechtsanwalt eingereicht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Ehescheidung – Voraussetzungen | Verfahren | Kosten
- Was sind die Voraussetzungen für eine Scheidung?
- Wieviel kostet eine Scheidung?
- Wer trägt die Kosten der Scheidung?
- Kann man sich kostenlos scheiden lassen?
- Kann man die Scheidungskosten steuerlich absetzen?
- Wie wird das Vermögen bei einer Ehescheidung aufgeteilt?
- Wie lange dauert ein Scheidungsverfahren?
- Welche Unterlagen benötige ich für ein Scheidungsverfahren?
- Ist es wichtig, wer die Scheidung einreicht?
- Können mit der Einreichung der Scheidung Nachteile entstehen?
- Was wir für Sie tun können
Was sind die Voraussetzungen für eine Scheidung?
Seit 1977 gilt für die Ehescheidung das sogenannte Zerrüttungsprinzip. Dies bedeutet: eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Eine Ehe ist gescheitert, wenn die Ehegatten nicht mehr in ehelicher Lebensgemeinschaft leben. Und wenn nicht erwartet werden kann, dass diese von den Ehegatten wiederhergestellt wird.
Trennung als wichtigste Voraussetzung
Voraussetzung für die Ehescheidung ist also immer das Getrenntleben der Ehegatten. Was der Gesetzgeber unter Getrenntleben versteht, findet sich in § 1567 Abs. 1 BGB: Wenn zwischen den Ehegatten keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und erkennbar ist, dass mindestens einer der Ehegatten diese auch nicht mehr herstellen will.
Dabei kann das Getrenntleben auch innerhalb der Ehewohnung stattfinden (§ 1567 Abs. 1 S. 2 BGB). Einzelheiten zum Getrenntleben und dessen Konsequenzen finden Sie auf der Seite: Trennung – Voraussetzungen und Konsequenzen
Scheidung nach einjährigem Getrenntleben
Leben die Ehegatten mindestens ein Jahr getrennt voneinander und beantragen beide die Ehescheidung, wird gesetzlich unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe zerrüttet ist (1566 Abs. 1 BGB). Gleiches gilt, wenn nur ein Ehegatte die Scheidung beantragt und der andere zustimmt. Sind die Voraussetzungen für eine einvernehmliche Ehescheidung erfüllt, spricht das Gericht die Scheidung aus. (Mehr Infos zum Thema: einvernehmliche Scheidung).
Widerspricht ein Ehegatte nach einjährigem Getrenntleben der Ehescheidung, führt dies nicht zwangsläufig zur Abweisung des Scheidungsantrags des anderen Ehegatten. Diesem bleibt weiterhin unbenommen, nachzuweisen, dass die Ehe trotzdem zerrüttet und deshalb zu scheiden ist. Dieser Beweis ist in der Regel aber nur sehr schwer zu erbringen.
Zerrüttungsvermutung nach dreijährigem Getrenntleben
Leben die Ehegatten seit mehr als drei Jahren getrennt voneinander, wird in § 1566 Abs. 2 BGB die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung aufgestellt, dass die Ehe gescheitert ist. Nunmehr kommt es für die Scheidung nicht mehr darauf an, ob beide Ehegatten den Scheidungsantrag stellen, oder ein Ehegatte dem Scheidungsantrag des anderen zustimmt. Auch wenn nur ein Ehegatte den Scheidungsantrag stellt, wird das Gericht die Ehe scheiden.
Ehescheidung vor Ablauf des Trennungsjahres
In besonderen Ausnahmefällen besteht auch ohne Ablauf eines Trennungsjahres die Möglichkeit, eine Ehe zu scheiden. Dies ist in § 1565 Abs. 2 BGB geregelt. Demnach ist eine Ehe auch vor Ablauf eines Trennungsjahres zu scheiden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die Gründe müssen aber in der Person des anderen Ehegatten liegen.
Die Gerichte bejahen die Voraussetzungen nur selten. Denn es handelt sich um einen Ausnahmetatbestand. So hat das OLG Düsseldorf noch 1999 entschieden, dass der bloße Umstand, dass im Bekanntenkreis offenkundig sei, dass der andere Ehegatte mit einem neuen Lebensgefährten eheähnlich zusammenlebe, für den verlassenen Ehegatten keine unzumutbare Härte darstelle.
Ein Härtegrund kann aber vorliegen, wenn die Ehefrau aus einem ehebrecherischen Verhältnis ein Kind erwartet. Hier kann der Ehemann sich auf eine unzumutbare Härte berufen. Diese liegt aber nicht in dem Ehebruch als solchem. Sondern in dem Umstand, dass er bei rechtskräftiger Ehescheidung vor Geburt des Kindes nicht als der Vater desselben angesehen wird. Mit anderen Worten: Eine Ehescheidung wird sich nur selten mit diesem Argument begründen lassen.
Beispiele aus der Praxis
Eine Härtefallscheidung nach § 1565 Abs. 2 BGB kommt in Betracht, wenn der Ehemann nach einem Gewaltexzess und den daraufhin getroffenen Regelungen zur Überlassung der Ehewohnung und zu einem Näherungs- und Kontaktaufnahmeverbot weiterhin in bedrohlicher Weise Kontakt zu der Ehefrau gesucht hat.
(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07. Juni 2019 – II-6 WF 134/19)
Gravierende Übergriffe und Drohungen eines alkoholbedingt gewalttätigen Ehemannes können eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres aufgrund unzumutbarer Härte rechtfertigen.
(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 31. Januar 2007 – 15 WF 22/07)
Keine Scheidung trotz mehrjährigem Getrenntleben
In ganz seltenen Ausnahmefällen kann ein Ehegatte die Ehescheidung verhindern, obwohl die Ehe als gescheitert gilt. Niedergelegt ist dies in § 1568 BGB. Voraussetzung ist, dass es das Wohl der aus der Ehe hervorgegangenen Kinder aus besonderen Gründen gebietet, dass die Ehe aufrechterhalten wird. Oder es bedeutet für den die Scheidung ablehnenden Ehegatten eine schwere Härte. Dafür müssen aber außergewöhnliche Gründe vorliegen.
Diese Ausnahmen sind aber nur sehr sehr selten und von einem Gericht ganz besonders zu prüfen. Die mit jeder Scheidung verbundenen Verletzungen und Unannehmlichkeiten reichen mit Sicherheit nicht aus, die Scheidung zu verhindern.
Die schwere Härte muss jedoch auf Umständen beruhen, die nach objektiver Beurteilung außergewöhnlich sind. Die Härteklausel kann nicht zur Verhütung seelischer Reaktionen eingreifen, die der Betroffene ausreichend zu steuern vermag. Es sei denn, außergewöhnliche Umstände gebieten die Berücksichtigung der seelischen Verfassung des betroffenen Ehegatten.
(BGH, Urteil vom 16. September 1981 – IVb ZR 606/80)
Wieviel kostet eine Scheidung?
Die Anwalts- und Gerichtsgebühren bestimmen sich nach dem Streitwert. Dieser richtet sich nach den Einkünften der Ehegatten und deren Vermögen (§ 43 FamGKG) . Für die Berechnung der Einkünfte werden die letzten drei Nettoeinkommen vor der Einreichung des Scheidungsantrages zu Grunde gelegt.
Wenn Sie es gerne genauer wissen möchten, empfehlen wir Ihnen unseren kostenlosen Scheidungskostenrechner. Dort können Sie anhand Ihrer Daten den Streitwert und die wahrscheinlich anfallenden Kosten und Gebühren bei Anwalt und Gericht ermitteln.
Wer trägt die Kosten der Scheidung?
Die Kosten des gerichtlichen Scheidungsverfahrens werden in der Regel gegeneinander aufgehoben. Dies bedeutet, dass die Ehegatten die Gerichtskosten jeweils hälftig bezahlen. Die Anwaltsgebühren trägt allerdings jeder Ehegatte selbst. Wenn – bei einer einvernehmlichen Scheidung – nur ein Ehegatte anwaltlich vertreten ist, können die Ehegatten sich diese Kosten auch teilen.
Kann man sich kostenlos scheiden lassen?
Eine kostenlose Scheidung im Wortsinn gibt es nicht. Wer nur über geringe Einkünfte verfügt, kann aber Verfahrenskostenhilfe beantragen. Die Verfahrenskostenhilfe deckt die Gerichtskosten und die Anwaltsgebühren. Ob die Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren ganz oder teilweise zurückgezahlt werden muss, hängt von der Höhe der Einkünfte ab.
Kann man die Scheidungskosten steuerlich absetzen?
Die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren des gerichtlichen Scheidungsverfahren können Sie seit einer in 2020 ergangenen Entscheidung des Bundesfinanzhofes nicht mehr steuerlich geltend machen.
Wie wird das Vermögen bei einer Ehescheidung aufgeteilt?
Wenn die Ehegatten keinen Ehevertrag abgeschlossen haben, wird der während der Ehe erzielte Vermögenszuwachs (sog. Zugewinn) hälftig geteilt. Dies gilt auch für die Altersvorsorge im Rahmen des Versorgungsausgleichs. Und letztlich auch für die Aufteilung des während der Ehe angeschafften Hausrats.
Wenn Sie sich zu diesen Fragen weiter informieren möchten, empfehlen wir folgende Artikel:
Zugewinnausgleich berechnen
Versorgungsausgleich – was ist das und wie funktioniert er?
Wie lange dauert ein Scheidungsverfahren?
Bevor ein Scheidungsanwalt einen Scheidungsantrag bei Gericht einreichen kann, müssen Sie ca. ein Jahr getrennt leben. Im Scheidungsverfahren holt das Gericht dann die Auskünfte für den Versorgungsausgleich ein, wenn dieser nicht ausgeschlossen ist. Rechnen Sie hier mit einem Zeitraum von mindestens 6 Monaten bis der Scheidungstermin stattfindet.
Wenn Sie mehr zur Dauer des Scheidungsverfahrens wissen möchten, empfehlen wir Ihnen folgenden Artikel:
Ehescheidung – das gerichtliche Scheidungsverfahren
Welche Unterlagen benötige ich für ein Scheidungsverfahren?
Das Gesetz verlangt, dass dem Scheidungsantrag die Heiratsurkunde und die Geburtsurkunden der gemeinschaftlichen Kinder beigefügt werden.
Ist es wichtig, wer die Scheidung einreicht?
Grundsätzlich nicht! Die Kosten des Scheidungsverfahrens sind unabhängig davon, wer den Scheidungsantrag eingereicht hat. Und der andere Ehegatte kann jederzeit auch einen eigenen Scheidungsantrag stellen.
Aber in manchen Fällen kann es von Bedeutung sein, wann ein Scheidungsantrag eingereicht wird.
Können mit der Einreichung der Scheidung Nachteile entstehen?
Das kann man nicht vollkommen ausschließen. Deshalb sollten Sie sich immer mit einer Anwältin / einem Rechtsanwalt beraten, ob und wann ggfs. ein Scheidungsantrag eingereicht werden soll.
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