Ehevertrag
Lassen Sie uns mit einer Anekdote beginnen: Bei jeder Beratung in einer Trennungssituation fragen wir unsere Mandanten, ob sie einen Ehevertrag abgeschlossen haben. In der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle lautet die Antwort erwartungsgemäß „Nein“. Haben diese Mandanten Recht? Ja und Nein!
Denn im Prinzip schließen alle Ehepaare vor dem Standesbeamten einen Vertrag, wenn sie sich das Ja-Wort geben. Mit einem Problem: Dieser Vertrag, den die Eheleute vor dem Standesbeamten schließen, wurde vom Gesetzgeber konzipiert – und zwar 1896. Das ist kein Schreibfehler – das Bürgerliche Gesetzbuch wurde in 1896 verabschiedet und trat am 01.01.1900 in Kraft. Seither hat es kleine Änderungen an dem „gesetzlichen Ehevertrag“ gegeben, aber in seinen Grundzügen hat er seit damals Bestand. Dieser „gesetzliche Ehevertrag“ regelt den Unterhalt, den die Ehegatten sich nach Scheidung schulden, den Zugewinnausgleich und den Versorgungsausgleich – anhand eines Ehe- und Familienbildes, welches dem Gesetzgeber 1896 vorschwebte!
Insofern ist jede Überlegung, einen individuellen Vertrag vor oder während der Ehe abzuschließen, durchaus berechtigt – und nach unserer Meinung gar nicht unromantisch! Wir helfen Ihnen, den für Sie passenden Ehevertrag zu entwickeln.
Inhaltsverzeichnis
Kein Vertrag von der Stange
Da das Leben und die Ehen vielgestaltig sind, kann es Eheverträge nicht von der Stange geben. Deshalb finden Sie hier auch kein Muster für einen Ehevertrag. Für jeden Ehevertrag müssen die Ziele der Ehepartner, die Vorstellungen von der Führung der Ehe (Stichworte: Doppelverdienerehe – Haushaltsführungsehe), die beiderseitigen finanziellen Gegebenheiten und Erwartungen und die sich aus dieser jeweiligen individuellen Situation ergebenden rechtlichen Möglichkeiten abgeklärt und umgesetzt werden. Am Ende sollte idealerweise ein Ehevertrag nach Maß stehen – nicht nur nach Maß, sondern auch mit Augenmaß.
Einen Ehevertrag können Sie übrigens auch noch nach der Trennung abschließen – einen solchen Ehevertrag nennt man Scheidungsfolgenvereinbarung.
Inhalte eines Ehevertrages
Bevor der Ehevertrag entworfen wird, sollten Sie sich zum Beispiel über folgende Inhalte Gedanken machen:
Unterhalt
Die Ehepartner können in dem Ehevertrag Regelungen zum nach der Scheidung geschuldeten Ehegattenunterhalt treffen. Die Kenntnis der gesetzlichen Regelungen ist wichtig, um zu beurteilen, inwieweit Abweichungen in dem Ehevertrag notwendig und möglich sind. Die Gerichte haben in den vergangenen Jahren in vielen Urteilen die Möglichkeit, nacheheliche Unterhaltsansprüche in einem Ehevertrag ganz auszuschließen, deutlich eingeschränkt – vor allem, wenn der Wegfall des Unterhalts dazu geführt hätte, dass eine Betreuung der aus der Ehe hervorgegangen Kinder nur eingeschränkt möglich und dadurch das Kindeswohl gefährdet gewesen wäre.
Diese Rechtsprechung bedeutet allerdings nicht, dass heutzutage jeder Ausschluss des nachehelichen Unterhalts in einem Ehevertrag von vornherein unwirksam wäre – er muss nur zu den ehelichen Verhältnissen passen.
Andererseits können in einem Ehevertrag Unterhaltsansprüche nicht nur eingeschränkt, sondern auch ausgeweitet werden. Dies bietet sich nach dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts vor allem dann an, wenn die Ehepartner sich einig sind, dass die Kinder bis zu einem bestimmten Alter vollständig von einem Elternteil betreut werden.
Letztlich muss es ja auch nicht immer ein völliger Ausschluss des Unterhalts sein. Erzielt der eine Ehegatte sehr hohe Einkünfte, die eine entsprechend hohe Unterhaltsverpflichtung begründen, dann bietet es sich an, in dem Ehevertrag einen Höchstbedarf für den Ehegattenunterhalt festzusetzen.
Güterstand
Wenn die Ehegatten sich beim Standesbeamten das Ja-Wort geben und nichts anderes vereinbaren, dann leben sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Zugewinngemeinschaft bedeutet, dass die Vermögensmassen der Eheleute auch während der Ehe getrennt bleiben – nur am Ende (bei Auflösung der Ehe durch Tod oder Scheidung) erfolgt ein Ausgleich des während der Ehe erwirtschafteten Vermögens (Informationen zum Zugewinnausgleich).
Viele Ehepartner meinen, man müsste in einem Ehevertrag Gütertrennung vereinbaren, um nicht für die Schulden des anderen Ehegatten zu haften. Das ist nicht richtig: Kein Ehegatte haftet für die Schulden des anderen Ehegatten, nur weil er mit ihm verheiratet ist. Wenn er mithaftet, dann weil er entweder den Darlehensvertrag mit unterschrieben oder eine Bürgschaftserklärung abgegeben hat – oder sich in anderer Form mitverpflichtet hat: Die Banken sind da ja sehr kreativ…
Aber natürlich kann es Gründe geben, den Güterstand zu ändern. Doch die Wahl der Gütertrennung ist nicht die einzige Alternative: Man kann in einem Ehevertrag auch nur Änderungen der Zugewinngemeinschaft vereinbaren, dann hat man die sogenannte modifizierte Zugewinngemeinschaft. So können die Ehepartner beispielsweise vereinbaren, dass ein Zugewinnausgleich nur stattfinden soll, wenn die Ehe durch Tod aufgelöst wird – sollte die Ehe dann geschieden werden, erfolgt kein Zugewinnausgleich. Oder es werden in dem Ehevertrag nur einzelne Teile des Vermögens aus dem Zugewinnausgleich herausgenommen: Hat beispielsweise einer der Partner Anteile an einer OHG oder einer GmbH, kann man den Wert dieser Beteiligung aus dem Zugewinnausgleich ausnehmen – um so das Unternehmen im Falle einer Trennung zu schützen.
Natürlich können in einem Ehevertrag im Gegenzug auch Kompensationsleistungen vereinbart werden. Manchmal bietet es sich auch an, in einem Ehevertrag das Anfangsvermögen feststellen zu lassen – damit nicht Jahre oder Jahrzehnte später Streit darüber entsteht, wer was wann besessen hat und wieviel das damals wert war. Ein Ehevertrag bietet im Bereich des Güterstandes eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten – deshalb ist eine Beratung vor Abschluss des Ehevertrages so wichtig.
Versorgungsausgleich
Der Versorgungsausgleich regelt den Ausgleich der während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften. Auch hier können Regelungen in einem Ehevertrag angezeigt. Dies gilt vor allem dann, wenn ein Ehegatte keine Anwartschaften erwirbt, weil er beispielsweise selbstständig ist. Im Falle einer Scheidung wäre dann der andere Ehegatte ausgleichspflichtig, obwohl der selbstständige Ehegatte vielleicht mit Lebensversicherungen oder Fondssparplänen für sein Alter vorgesorgt hat – die aber schlimmstenfalls im Zugewinnausgleich nicht zu berücksichtigen sind, weil dieser in einem Ehevertrag für den Fall der Scheidung ausgeschlossen wurde – hat es alles schon gegeben…
Eheverträge müssen beurkundet werden
Daneben gibt es im Familienrecht noch andere Punkte, die in einem Ehevertrag den Bedürfnissen der Eheleute angepasst werden können. Wichtig ist: Eheverträge bedürfen in der Regel der Beurkundung durch einen Notar – sonst besteht die Gefahr, dass der Ehevertrag nicht wirksam ist!
Beratung zum Ehevertrag
Wenn Sie Fragen zur Gestaltung ihres individuellen Ehevertrages haben, setzen Sie sich mit uns in Verbindung. Einzelheiten und die voraussichtlichen Kosten erläutern wir Ihnen gerne in einem – für Sie natürlich kostenlosen – Telefonat.
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