Streitige Scheidung – Ablauf | Dauer | Kosten
In vielen Fällen sind die Ehegatten sich nach einer Trennung nicht einig. Etwa weil ein Ehegatte sich gar nicht scheiden lassen will. Oder weil die Ehegatten keine Einigung über die Scheidungsfolgen finden. In all diesen Fällen sprechen wir von einer streitigen Scheidung.
Wir erläutern Ihnen im nachfolgenden Artikel, was eine streitige Scheidung ist. Und was Sie dabei beachten müssen!
Was ist eine streitige Scheidung?
Es gibt – wie oben bereits angedeutet – unterschiedliche Formen der streitigen Scheidung. Beispielsweise solche Fälle, in denen ein Ehegatte geschieden werden möchte, der andere aber nicht. Oder die Fälle, in denen zwar beide Ehegatten die Scheidung wollen, sich aber nicht über Unterhalt, Zugewinn oder andere Scheidungsfolgen einigen können.
Keine Zustimmung des scheidungsunwilligen Ehegatten
In den meisten Fällen sind die Ehegatten sich zumindest einig, dass sie geschieden werden wollen. Was aber passiert, wenn ein Ehegatte der Scheidung widerspricht?
Widerspricht ein Ehegatte nach einjährigem Getrenntleben der Ehescheidung, führt dies nicht zwangsläufig zur Abweisung des Scheidungsantrags des anderen Ehegatten. Dieser Ehegatten kann dann nachweisen, dass die Ehe trotzdem zerrüttet und deshalb zu scheiden ist. Dabei ist entscheidend, ob die Ehekrise überwindbar scheint oder einem der Ehegatten jegliche Bereitschaft zur Versöhnung fehlt. Das Gericht muss sich davon durch eine persönliche Anhörung der Beteiligten überzeugen.
Die Gerichte gehen in der Regel von einer endgültigen Zerrüttung aus, wenn einer der Ehegatten sich einem neuen Partner zugewendet hat.
In seltenen Fällen kann die Zerrüttung der Ehe durch den scheidungswilligen Ehegatten nach Ablauf des Trennungsjahres nicht nachgewiesen werden. Dann muss dieser Ehegatte drei Jahre warten. Denn nach einer dreijährigen Trennungszeit muss das Gericht die Ehe scheiden. Auch gegen den Willen des scheidungsunwilligen Ehegatten!
Aber: das sind „nur“ die materiellen Voraussetzungen für eine streitige Scheidung. Die Scheidung kann auch daran scheitern, dass die Ehegatten trotz dreijährigem Getrenntleben keine Einigung über die Scheidungsfolgen (Unterhalt, Zugewinn, etc,) erzielt haben. Dazu mehr im folgenden Abschnitt.
Streit über Folgesachen
Viel häufiger können die Ehegatten sich über die Folgen der Scheidung nicht einigen. Der eine will Unterhalt – der andere bestreitet den Anspruch. Oder die Ehegatten sind uneins über die Bewertung eines Unternehmens im Zugewinnausgleich. Auch dann spricht man von einer streitigen Scheidung.
Der Gesetzgeber hat die Vorstellung, dass alle Scheidungsfolgen mit der Scheidung geregelt sein sollen. Dafür hat er das sogenannte Verbundverfahren geschaffen. Dies bedeutet, dass die Scheidung nicht erfolgen kann, wenn die anhängigen Folgesachen nicht entscheidungsreif sind. Voraussetzung ist, dass eine Folgesache von einem Ehegatten rechtzeitig in das Verfahren eingebracht wurde. Rechtzeitig bedeutet: mindesten zwei Wochen vor dem eigentlichen Scheidungstermin.
Was aber sind Folgesachen?
Dazu gehören
- Versorgungsausgleich
- nachehelicher Ehegattenunterhalt
- Unterhalt gemeinsamer Kinder
- Regelungen bezüglich Ehewohnung oder Haushaltsgegenständen
- Zugewinnausgleich
Die einzige Folgesache, die in der Regel automatisch durch das Gericht eingeleitet wird, ist der Versorgungsausgleich. Mit allen anderen oben genannten Folgesachen befasst sich das Gericht nur, wenn Sie das Gericht damit befassen! Wie das geht, erläutern wir im nächsten Abschnitt.
Wie läuft eine streitige Scheidung ab?
Wenn die Ehegatten sich über die Scheidungsfolgen nicht einigen können, bedarf es immer einer guten anwaltlichen Beratung für beide Ehegatten. Hierbei sind viele verschiedene Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Wenn ein Ehegatte schnell geschieden werden möchte, so muss seine Anwältin / sein Anwalt das ihm Mögliche tun, dass die Klärung der Scheidungsfolgen so früh wie möglich angegangen wird.
Andersherum wird aber auch ein Schuh draus: Will ein Ehegatte solange wie möglich nicht geschieden werden, sollte seine Anwältin / sein Anwalt mit den entsprechenden Anträgen warten, bis der Scheidungstermin ansteht. Dann kann zum Beispiel ein sogenannter Stufenantrag auf Auskunft und Zahlung von nachehelichem Ehegattenunterhalt schnell zu einer erheblichen Verzögerung des Scheidungsverfahrens führen. Es besteht auch gesetzlich keine Notwendigkeit, alle streitigen Folgesachen gleichzeitig bei Gericht anhängig zu machen. So könnte bei erheblichem Verzögerungswillen beispielsweise zuerst ein Stufenantrag auf Auskunft und Zahlung von Zugewinnausgleich erfolgen. Ist dieser entscheidungsreif, folgt ein Antrag auf Auskunft und Zahlung von Ehegattenunterhalt. So kann sich eine streitige Scheidung schnell über mehrere Jahre hinziehen.
Eines darf man dabei nicht vergessen: eine streitige Scheidung belastet nach unserer Erfahrung immer beide Ehegatten! Gerichtsverfahren kosten Zeit und Nerven – und Geld. Deshalb sollte ein guter Familienanwalt in jedem Stadium des Verfahrens prüfen, ob nicht doch eine einvernehmliche Scheidungsfolgenvereinbarung in Betracht kommt.
Wie lange dauert eine streitige Scheidung
Eine streitige Scheidung kann sich über viele Jahre hinziehen. Spät eingereichte Anträge in Folgesachen, verzögerte Auskunftserteilung, schlecht oder unvollständig erteilte Auskünfte, nicht beigebrachte Belege zum Nachweis der Auskunft – alles das führt zu Verzögerungen. Hinzu kommen andere Umstände: Richterwechsel, Terminsverlegungen, Einholung von Gutachten.
Selbst eine einvernehmliche Scheidung dauert bei Gericht in der Regel um die sechs Monate zwischen Einreichung des Scheidungsantrages und dem Scheidungstermin. In dieser Zeit holt das Gericht zuerst die Auskünfte der Eheleute zum Versorgungsausgleich und dann die Auskünfte der einzelnen Versorgungsträger ein. Dabei können schon Verzögerungen entstehen. Beispielsweise wenn einer der Ehegatten die Auskunft nicht rechtzeitig erteilt. Oder das Rentenkonto bei der Deutschen Rentenversicherung noch geklärt werden muss.
Bei einer streitigen Scheidung kann man mindestens ein bis anderthalb Jahre für das gerichtliche Scheidungsverfahren veranschlagen. Insbesondere wenn es um die Bewertung von Immobilien und Unternehmen im Zugewinnausgleich geht, können solche Verfahren aber auch schnell zwei bis drei Jahre dauern. Besteht darüberhinaus auch noch Streit über die Einkommensermittlung bei Selbständigen, kann noch mehr Zeit ins Land gehen, bis alle Verfahren entscheidungsreit sind. Dann erst wird das Gericht die Ehe scheiden.
In einem gewissen Umfang kann auch die beste Anwältin / der beste Anwalt derartige Verzögerungen nicht verhindern. Aber eine gute Anwältin / ein guter Anwalt kann viele Dinge zusammen mit dem betroffenen Ehegatten so vorbereiten, dass keine unnötigen Verzögerungen eintreten.
Was kostet eine streitige Scheidung?
Die Kosten einer streitigen Scheidung richten sich nach dem Gegenstandswert des Scheidungsverfahrens selbst und den jeweiligen Werten für die Folgesachen. Machen wir ein Beispiel:
Die Ehefrau verdient 2000 €, der Ehemann 4000 €. Daraus ergibt sich ein Gegenstandswert für das Scheidungsverfahren von 18.000 €. Nehmen wir an, beide haben zwei Anrechte, die im Versorgungsausgleich ausgeglichen werden, dann erhöht sich der Gegenstandswert um 7200 € auf insgesamt 25.200 €.
Bei einem Gegenstandswert von 25.200 € hätte jeder Ehegatte Anwaltskosten von ca. 2865 € und Gerichtskosten von 449 € zu tragen.
Nehmen wir an, die Ehegatten streiten über nachehelichen Unterhalt. Die Ehefrau will 900 € Geschiedenenunterhalt monatlich. Sie macht diesen Anspruch als Folgesache geltend. Dann ergibt sich für den nachehelichen Unterhalt ein Gegenstandswert von 10.800 €, der Gesamtwert erhöht sich auf somit auf 36.000 €.
Dann hätte jeder Ehegatte Anwaltskosten von ca. 3347 € und Gerichtskosten von 525 € zu zahlen.
Nehmen wir an, die Ehegatten streiten auch noch über den Zugewinnausgleich. Hier beansprucht der Ehemann von der Ehefrau 40.000 €. Dann erhöht sich Gegensatndswert nochmals um 40.000 € auf nunmehr 76.000 €.
Dann belaufen sich die Anwaltskosten je Ehegatte auf ca. 4388 € und die Gerichtskosten auf 865 €.
Mehr Informationen zu Gegenstandswerten und zu den Scheidungskosten
So können wir Sie bei einer streitigen Scheidung unterstützen
Auf Grund unserer langjährigen Erfahrungen mit allen Formen der Scheidung können wir Sie auch bei einer streitigen Scheidung bestmöglich beraten und vertreten. In einer Erstberatung ermitteln wir Ihre Interessen und erläutern Ihnen Ihre Möglichkeiten. Gemeinsam finden wir dann eine Strategie für Ihre Scheidung. Kommen wir gemeinsam zu dem Ergebnis, dass eine streitige Entscheidung Ihre Interessen am Besten wahrt, dann werden wir diese Strategie zusammen mit Ihnen umsetzen.