Karrieresprung und Unterhalt
Wenn ein Unterhaltspflichtiger nach Trennung oder Scheidung einen Karrieresprung macht, stellt sich immer wieder die Frage, ob die daraus resultierenden höheren Einkünfte bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen sind.
Um diese Frage zu beantworten, muss zuerst geklärt werden, was die Rechtsprechung unter einem Karrieresprung versteht. Nach Auffassung der Gerichte ist ein Karrieresprung dann gegeben, wenn es sich bei der beruflichen Entwicklung um eine vom Normalverlauf abweichende, aus Sicht der Trennung bzw. der Scheidung nicht erwartbare Entwicklung handelt.
Für den Trennungsunterhalt ist bei der Bewertung auf den Zeitpunkt der Trennung abzustellen, für den nachehelichen Unterhalt auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Scheidung (wenn nicht bereits vor rechtskräftiger Scheidung eine unerwartete Entwicklung vorlag).
Der Karrieresprung in der Rechtsprechung
Die Entscheidungen sind regelmäßig Einzelfallentscheidungen und deshalb auch nur schwer vergleichbar. In folgenden Fällen haben die Gerichte bisher einen Karrieresprung bejaht:
- Oberstudienrat zum Studiendirektor (2 Jahre nach Trennung)
- einfacher Bankangestellter zum Abteilungsleiter (während Trennungszeit)
- Berufung vom Oberarzt zum Chefarzt fünf Jahre nach der Trennung (während Trennungszeit)
- Angestellter in gehobener Position wechselt in Geschäftsführung (während Trennung)
- Sachbearbeiter im kfm. Bereich zum Abteilungsleiter (nach Scheidung)
- Verkaufsleiter zum Geschäftsführer (nach Scheidung)
- Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens zum Seniormanager eines international operierenden Konzerns (nach Scheidung)
- Vertriebsingenieur zum Geschäftsführer (nach Scheidung)
- Beförderung von Besoldungsgruppe A 12 zu A 13 (nach Scheidung)
In anderen Fällen wurde ein Karrieresprung verneint:
- Rechtsdezernent zum Beigeordneten
- Intendant zum Generalintendant
- Außendienstmitarbeiter zum Bezirksleiter
- Referatsleiter zum Ministerialrat
- vom Gesellen zum Meister
- Betriebsratsvorsitzender zum Gewerkschaftssekretär
- Berufskraftfahrer Nahverkehr zum Berufskraftfahrer Fernverkehr
- Beförderung von Besoldungsgruppe A 12 zu A 13
Ein wesentliches Entscheidungskriterium für die Frage, ob ein Karrieresprung vorliegt oder nicht, ist auch das Zeitmoment. Je mehr Zeit zwischen Trennung oder Scheidung und der beruflichen Fortentwicklung liegt, desto weniger war diese aus Sicht der Trennung oder Scheidung zu erwarten.
In manchen Fällen bejahen die Gerichte auch dann einen Karrieresprung, wenn sich zwar die Aufgaben und Kompetenzen nicht wesentlich geändert haben, aber eine erhebliche Einkommenssteigerung vorliegt, beispielsweise auf Grund eines Arbeitgeberwechsels. Als erheblich werden Einkommensverbesserungen von mindestens 15% bis 20% angesehen.
Karrieresprung und Unterhaltsrecht
Wenn der Unterhaltspflichtige sich darauf beruft, dass seine höheren Einkünfte aus einem unterhaltsrechtlich beachtlichen Karrieresprung resultieren, ist er dafür darlegungs- und beweispflichtig. Die Anforderungen an den notwendigen Sachvortrag sind sehr hoch, hier ist auch der Rechtsanwalt entsprechend gefordert, die erforderlichen Informationen und Nachweise aus dem Mandanten „herauszukitzeln“.
Zuletzt war in der Rechtssprechung umstritten, ob es den Karrieresprung unterhaltsrechtlich überhaupt noch gab. Dies hat der BGH bestätigt, so dass Unterhaltspflichtige mit deutlich höheren Einkünften auch zukünftig darauf hoffen können, dass diese höheren Einkünfte nicht bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt werden.
Bejahen die Gerichte das Vorliegen eines Karrieresprungs, wird für den Unterhaltspflichtigen ein fiktives Einkommen errechnet, dass sich unter Berücksichtigung von Tarifsteigerungen etc. ergeben würde. Die Frage, ob die höheren Einkünfte aus einem Karrieresprung resultieren oder nicht, ist im Übrigen ausschließlich für den Trennungsunterhalt oder den nachehelichen Unterhalt (also nur wenn um Ehegattenunterhalt gestritten wird) relevant – für den Kindesunterhalt sind in jedem Fall die höheren Einkünfte maßgeblich.
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